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Augen zu. Es ist Freitag der 06.02.09 um 07.10Uhr und es ruckelt. Der Zug kommt zum stehen. Weiterfahrt verzögert sich. Feuerwehr, Notarzt und Polizei. Aufeinmal alle auf den Gleisen, neben dem Zug. Wir warten. Warten. Warten. Dann die Nachricht: Personenschaden. Das ruckeln. Das ruckeln war nicht wegen einer Münze, die auf die Schienen gelegt wurden. Personenschaden. Ein toter Mensch. Das ruckeln. Die Vorstellung, dass ein Mensch überfahren wurde. An und für sich etwas, was öfters passiert. Geschockt. Ich. Ich kann nicht schlafen. Jedesmal, wenn ich die Augen schließe, dann stell ich mir vor, wo wir mit dem Zug drüber gefahren sind. Was von dem Menschen abgetrennt wurde. Komisch. Eine Leiche anzufassen und anzugucken finde ich nicht schlimm. Aber das heute schockt mich. Weil ich dabei war? Weil ich es nicht gesehen habe? Ich deshalb keine Vorstellung habe und meine Fantasie mir jede Menge Vorschläge gibt? Ratlos. Hass. Ich hasse. Ich hasse das erste mal in meinem Leben. Schämen. Ich schäme mich. Ich hasse und schäme mich zugleich. Für wen ich mich schäme und wen ich hasse? Meine Mitmenschen. Die verfickte, sensationsgeile Bevölkerung. Ich hasse und schäme mich für die Menschen, die ihr Handy aus der Tasche geholt haben, sobald man den Zug verlassen drufte. Was die gemacht haben? Fotos. Videos. Eben ist ein Mensch gestorben. Egal für diese Menschen. Machen noch irgendwelche Witze. Geschmacklos. Augen zu. Dieselben Bilder. Immer und immer wieder. Dabei will ich doch eigentlich nur schlafen und an nichts mehr denken. Vergessen. Das will ich. Vergessen und schlafen. Und an ein Zitat denken:
"Aufstehen, atmen, anziehen und hingehen.
Zurückkommen, essen und einsehen zum Schluss:
Dass man weiter machen muss."
"Aufstehen, atmen, anziehen und hingehen.
Zurückkommen, essen und einsehen zum Schluss:
Dass man weiter machen muss."
Drachenflieger4 - 7. Feb, 00:36